Eigentlich wollte ich gestern schreiben.
Eigentlich MUSSTE ich gestern schreiben. Und lektorieren. Und E-Mails beantworten. Und mich um den einen oder anderen Kleinkram kümmern.
Der Fehler war, dass ich dachte, ich könne beim Frühstück mal eben so zwischendurch nur ein paar Seiten lesen, nachdem ich DARK CANOPY jetzt zum dritten Mal aus der Bücherei ausgeliehen und noch nicht angerührt hatte.
Was soll ich sagen? Abends um neun hatte ich keine E-Mails beantwortet, nicht mehr als eine einzige Seite geschrieben und niemanden angerufen, aber dafür heulte ich jetzt, weil die Bücher zu Ende waren, der Rausch vorbei. Weil ich Dark Canopy niemals wieder zum ersten Mal lesen würde. Weil ich nie wieder mit Joy zum ersten Mal die Dark Destiny besteigen würde. Und weil … aber das darf ich nicht sagen.
Dark Canopy und Dark Destiny sind keine perfekten Bücher. Sie sind voll mit Echtheit, mit Liebe, mit Hass, mit Blut und Gewalt und unglaublicher Schönheit. Nicht umsonst wurde die Story 2013 mit dem DeLiA-Literaturpreis ausgezeichnet. Jennifer Benkau kann einfach schreiben.
Die zu Beginn der Geschichte 20-jährige Joy ist keine niedliche, anschmiegsame Protagonistin, sondern eine harte, teilweise bittere Kriegerin, die täglich unter widrigsten Bedingungen um ihr Leben kämpfen muss, seit die “Percents” mit gnadenloser Gewalt die Menschheit unterjocht haben. Allein dafür mag ich sie. (Beide. Joy und Jennifer.)
Leider verrät der Klappentext schon einiges von dem, was die Leser erwartet:
Stell dir vor, du musst täglich ums Überleben kämpfen.
Stell dir vor, dein Gegner ist unbesiegbar.
Stell dir vor, du kommst ihm zu nah.
Stell dir vor, du verliebst dich in ihn.
Wegen dieses Klappentextes wusste ich ja nun schon ein bisschen, was kommt, inhaltlich. Joy, die Rebellin, die Freundin des Rebellenclan-“Kronprinzen” Matthial, verliebt sich in Neél, den Percent, und natürlich wartete ich darauf, dass und wie das passiert. Aber ich hatte keine Ahnung, was es für ein emotionaler Ritt werden würde.
Jemand hat in einer Rezension behauptet, die Geschichte hätte keine Botschaft. Ich vermute, diese Person kann nicht lesen. Selten habe ich Bücher gelesen, in denen es so viel um Menschlichkeit ging, darum, was uns gut macht, darum, was uns lieben lässt. Und auch darum, welche Opfer man für den und das, was man liebt, bringen kann, ohne sich zu verlieren – und welche eben nicht.
Ich denke, ich werde diese Bücher jetzt in die Bücherei zurückbringen. Dann werde ich in den Buchladen gehen und sie kaufen und liegen lassen, bis ich sie wieder zum ersten Mal lesen kann.
Benkau, Jennifer:
Dark Canopy
Script5, 978-3839001448
Gebundene Ausgabe, € 18,95
Dark Destiny
Script5, 978-3839001455
Gebundene Ausgabe, € 18,95